Internationales Institut
für Nationalitätenrecht und Regionalismus e.V.
International Institute
for Ethnic Groups Rights and Regionalism
Institut International
pour les droits des groupes ethniques et pour le régionalisme
Istituto Internazionale
per il diritto dei gruppi etnici e il regionalismo
Unsere Leitgedanken
1.
Angesichts des verbreiteten Strebens nach Selbstbestimmung und Partizipation
erscheinen die dem europäischen 19. Jh. zuzurechnenden Lösungsformen des
„ethnisch homogenen Nationalstaates“ unzureichend. Der Wille zu Partizipation,
gleichrangiger Teilhabe ohne Aufgabe der eigenen Identität auch auf Gruppenebene
sowie fallweise Selbstbestimmung ist für nationale Minoritäten
überlebenswichtig. Die Bewahrung der Vielfalt von Kulturen sowie von regional und
lokal verorteten Lebenswelten ist für die Zukunft der gesamten Menschheit
elementar.
2.
Kaum ein Staat der Welt war und ist „ethnisch“ homogen - trotz oftmalig entgegengesetzter Vorstellungen. Ethnisch, sprachlich, kulturell und religiös unterschiedlich ausgerichtete Bevölkerungsgruppen leben in aller Regel in einem Staatswesen in vielerlei Weise neben- oder auch miteinander. Bedingt durch diese Unterschiede ist ein beträchtliches Konfliktpotential in vielen Fällen gegeben oder latent etwa im Falle einer Krisensituation abrufbar. Die Migrationsströme der letzten drei bis vier Jahrzehnte verändern zusätzlich die nationale und religiöse Zusammensetzung der Bevölkerung in Teilen Europas. Die damit verknüpften massiven Problemfelder verlangen neue Antworten (autochthone und allochthone Bevölkerungsgruppen; Islam).
3.
Ohne ausreichenden Lösungsansatz setzen häufig aus ethnopolitischen und anderen ideologischen Motiven heraus Entrechtung, Terror und Vergeltung gegen bestimmte Volksgruppen ein, die im 20. Jh. in allen Kontinenten zu Vertreibung und dabei auch weiterhin zum Genozid führten und führen (Sudetendeutsche 1945-1948, Bosnien 1992-1995, Abchasien 1992-1993, Armenier 1915-1921, ethnische „Säuberungen“ und Genozide in Südosteuropa 1912-1923, 1941-1948, Irak 2014-2017, Zypern 1974 etc.). Vertreibungen und andere Formen ethnisch motivierter Gewalt werden oft genug von dritter Seite beschleunigt und als Rechtfertigung für neue Vertreibungen missbraucht, solange sie nicht völkerrechtlich verfolgt und bestraft werden.
4.
Die Verlagerung des Minderheitenrechts auf den individuellen Menschenrechtsschutz geht am Kern dieser Frage vorbei:
• der Einzelne kann weiterhin infolge seiner Zugehörigkeit zu einer anderen, nicht die Mehrheit bildenden Gruppe in der Alltagswirklichkeit diskriminiert werden;
• es können Siedlungsgebiete und andere gruppenbezogene Rechte wie die Verwendung der Muttersprache im öffentlichen Raum oder im Schulwesen genommen werden.
Die Vereinten Nationen versuchen seit dem Capotorti-Bericht von 1979 das Projekt
einer „Deklaration über die Rechte der Minderheiten“ voranzubringen.
5.
Als Region mit Vorbildcharakter für die Lösung einiger auch interethnischer Konflikte in Europa (Korsika, Siebenbürgen, Voivodina, Ukraine, Katalonien etc.) ist neben dem Autonomiemodell der Åland-Inseln in Finnland vor allem Südtirol anzusehen. Mittlerweile wird das dort rechtlich verankerte und umgesetzte Autonomiemodell auch vom italienischen Staat als Beispiel einer zudem wirtschaftlich erfolgreichen Lösung eines regional verorteten Nationalitätenkonfliktes angesehen: Für beide Seiten gilt in diesem Fall die Formel
„Mehrwert durch Minderheiten“.
Die Regelung der Südtirolfrage steht ferner ganz im Sinne der Europarats-Empfehlung 286 von 2010. Im Rahmen unter anderem der „ARGE Volksgruppen“ beobachtet das INTEREG diesbezügliche Prozesse vorrangig in der autonomen Provinz Südtirol sowie in Rumänien, Tschechien, Italien, Ungarn, Slowakei, Litauen, Serbien, Nordmazedonien, Ukraine, Slowenien, Kroatien, Kosova/Kosovo, Albanien, Griechenland, Bulgarien, Bosnien-Hercegovina, Polen, Moldova, Montenegro und im Kaukasus. Des Weiteren wird der Umgang mit minderheitenbezogenen Themenfeldern in Politik, Wissenschaft und Medien vornehmlich in Deutschland und Österreich beleuchtet.
6.
Es ist die Auffassung des INTEREG, dass in einem auf die jeweilige regionale Situation zugeschnittenen Nationalitätenrecht und in den Prinzipien von regionaler Demokratie Instrumente der Konfliktentschärfung und der Friedenssicherung geschaffen werden können. Überparteilich will das INTEREG einem Rechtsverständnis dienen, das von der freien Entfaltung von gewachsenen Regionen ausgeht: Beides zusammen erst ermöglicht echte Partizipation der Menschen an der Gestaltung ihrer Geschicke. Eine regionalistische Gliederung bedeutet nicht die Auflösung eines Staatswesens, sondern ermöglicht eine in breitere Kreise der Gesellschaft hineinreichende und grenzüberschreitende Zusammenarbeit.
7.
Von dieser Sicht und diesen Grundsätzen ausgehend, möchte das INTEREG in Kontakt mit den von diesen Problemen direkt betroffenen Gruppen und entsprechenden Institutionen auf nationaler und internationaler Ebene Vorarbeiten leisten, die aus dem Bereich bloßer momentaner Interessenpolitik herausführen. In Form von Symposien, Publikationen, themenbezogenen Studienfahrten etc. nehmen wir teil an den öffentlichen Diskursen.
Gefördert durch das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus München
Inhaber des Teilhabestatus beim Europarat, als INGO akkreditiert
Kooperationen mit:
Leibnitz Institut GWZO Leipzig,
Hans-Selye-Universität (Selye János Egyetem, Univerzita J. Selyeho) Komorn/Komárno/Komárom (Slowakei),
Forschungszentrum für Europäische Ethnologie des Forum Instituts für Minderheitenforschung Komorn/Komárno/Komárom (Slowakei),
Akademie Mitteleuropa e.V. an der Bildungs- und Begegnungsstätte „Der Heiligenhof“ Bad Kissingen,
Lepsiushaus Potsdam,
Südtiroler Volksgruppeninstitut Bozen,
Bukowina-Institut Augsburg,
Transkarpatisches Ungarisches Ferencz II. Rákóczi Kollegium Beregszász/Berehove (Ukraine)